Wenn nach einem langwierigen Abklärungsprozess die Diagnose endlich vorliegt, gibt es eine kurze Verschnaufpause. Denn die beunruhigende Ungewissheit ist weg. Doch speziell für Erwerbstätige stellen sich sofort Fragen, auf die es bald Antworten braucht. Wie ist die Situation am Arbeitsplatz? Wann und wie informiere ich wen? Dabei gilt: Nur ein gut informierter Arbeitgeber kann die notwendige Unterstützung leisten. Diese hat zum Ziel, den Betroffenen oder die Betroffene so lange wie möglich im Arbeitsprozess zu halten und die Rahmenbedingungen anzupassen. Falls dies nicht mehr möglich ist, sollen das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben unterstützt und ein würdevoller Abgang ermöglicht werden. Dafür gibt es kein Standardvorgehen. Nachfolgend wird auf einige zentrale Aspekte eingegangen.
Die erste Hürde ist die Information des Arbeitgebers über die Diagnose. Zudem soll die Personalabteilung einbezogen werden. Die Mitteilung überrascht Vorgesetzte meist wenig, da sie und auch Teammitglieder Veränderungen ihres Kollegen oder ihrer Kollegin bemerkt haben: unsicherer Gang, zitternde Hand, zunehmende Langsamkeit. Ob auch das Team informiert wird, muss mit dem Betroffenen abgesprochen werden. Viele Neuerkrankte sind mit solchen Informationen zurückhaltend. Es ist aber zu bedenken, dass ein Team im Allgemeinen mit offener Kommunikation besser umgehen kann als mit dem Verschweigen augenscheinlicher Tatsachen.
Parkinson nagt an der Leistungsfähigkeit und dem Befinden von Betroffenen. Ob eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorliegt, hat der Arzt bzw. die Ärztin in der Regel bei der Diagnosestellung festgestellt. Wichtig ist auf jeden Fall ein Gespräch des Arbeitgebers (Vorgesetzte(r) und Personalabteilung) mit dem Betroffenen darüber, ob der Verbleib in der angestammten Funktion möglich und erwünscht ist. Parkinson verändert in unterschiedlichem Ausmass und Tempo beruflich benötigte Kompetenzen. Betroffen sind etwa die Stresstoleranz – die Leistung unter Druck ist erschwert –, die Konzentration, die Souveränität im Auftritt vor Publikum. Motorisch kann es eine Verlangsamung geben bei Gesten, Mimik, Bewegungen und Sprechen. Die Artikulation kann leiser werden, da die Stimme speziell bei Stress nicht mehr trägt, der Gang schleppend. Gehschwierigkeiten und Zittern können auftreten.
Es soll abgeklärt werden, wie sich die vorhandenen Symptome mittelfristig auf die Arbeit auswirken werden, um allenfalls notwendige Arbeitsplatzerleichterungen in Erwägung zu ziehen. Es ist erstaunlich, wie erfinderisch manche Verantwortliche beim Finden von Lösungen sein können, sofern der Wille dazu da ist. Verfügt das Unternehmen über ein Case Management, wird dieses miteinbezogen. Es koordiniert und vermittelt die externen Akteure, z. B. den behandelnden Arzt oder die IV-Stelle, wenn diese zur unternehmensinternen Lösungsfindung etwas beitragen können. Selbstverständlich erfolgt dies im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin.
Da es nicht absehbar ist, wie sich die Krankheit entwickelt, braucht es eine engmaschige Begleitung vonseiten der oder des Vorgesetzten sowie der Personalabteilung. In grossen und mittleren Unternehmen ist das Personalwesen meist professionell organisiert. In Kleinbetrieben wird diese Funktion vom Chef wahrgenommen. Um diesem Rückhalt zu geben, steht ihm der Beratungsdienst von Parkinson Schweiz zur Verfügung. Das Personalwesen erledigt alle erforderlichen versicherungs- und lohnrelevanten Aufgaben und koordiniert den Prozess. Es organisiert die innerbetrieblichen Massnahmen und beruft die Akteure an einen Tisch. Eine gute und offene Zusammenarbeit aller Beteiligten ist eine notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen Lösungsprozess. Falls eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde, ist eine frühzeitige IV-Anmeldung ratsam, um im Falle einer IV-Rentenanmeldung unnötige Wartefristen zu vermeiden.
Dr. phil. Esther Röthlisberger
Wenn sich die Parkinson-Symptome auf die Leistung im Erwerbsleben auszuwirken beginnen, sollten die Betroffenen gut über ihren Versicherungsschutz informiert sein.
VersicherungsschutzMit den richtigen Massnahmen tragen Sie als Betroffene(r), Vorgesetzte(r) oder als Verantwortliche(r) der Personalabteilung zum Gelingen bei Parkinson im Arbeitsumfeld bei.
Das können Sie tunDr. phil. Esther Röthlisberger hat als Personalchefin in Grossbetrieben gearbeitet. Die Psychologin ist Vorstandsmitglied von Parkinson Schweiz.
«Es ist erstaunlich, wie erfinderisch manche Verantwortliche beim Finden von Lösungen sein können, sofern der Wille dazu da ist.»
von René Gossweiler, Leiter Bereich Beratung und Bildung
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